Zu kaum einem anderen Thema erreichen mich momentan so viele Zuschriften wie zu der möglichen Einführung einer Corona-Impfpflicht - und zwar sowohl von vehementen Gegnern, als auch von Befürwortern einer Impflicht.
Voraussichtlich im März wird im Bundestag darüber abgestimmt werden; an dem entsprechenden Gesetzesentwurf wird gerade mit Hochdruck gearbeitet. Bei dieser Abstimmung sind wir Abgeordnete an kein einheitliches Fraktionsvotum gebunden, sondern jede/r kann und muss für sich selbst entscheiden, ob er/sie dafür oder dagegen stimmt.
Ich habe, aus heutiger Sicht, vor, für eine solche Impfpflicht zu stimmen.
Diese Entscheidung habe ich mir nicht einfach gemacht und ich habe intensiv über das Für und Wider nachgedacht, denn auf beiden Seiten gibt es m.E. durchaus gute und nachvollziehbare Argumente. Seit fast zwei Jahren hat eine Pandemie, mit einer sehr ansteckenden und gefährlichen Viruserkrankung, die Welt im Griff. Allein in Deutschland wurden mehrere Millionen Menschen infiziert und über 100.000 sind bereits daran gestorben. Andere, die inzwischen wieder genesen sind, leiden immer noch unter Folgeschäden, die als „Long Covid“ bezeichnet werden. In anderen Ländern, die weniger restriktive Maßnahmen ergriffen haben als wir oder deren Gesundheitssystem schlechter ist als unseres, liegen die Zahlen an Infizierten und Toten noch viel höher. Und gleichzeitig hatten und haben die Maßnahmen, die bei uns und in vielen anderen Ländern ergriffen wurden, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen, ebenfalls dramatische wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Auswirkungen.
Zum Glück gibt es inzwischen mehrere Impfstoffe, die sowohl hochwirksam als auch gut verträglich sind. Auch wenn diese Impfstoffe keinen 100%igen Schutz vor einer Ansteckung bieten, so vermindern sie doch das Ansteckungsrisiko deutlich und vor allem sorgen sie in den allermeisten Fällen für einen sehr viel milderen Verlauf der Krankheit und verringern das Risiko, daran zu sterben, erheblich. Und dass es dabei nur in extrem seltenen Fällen zu starken Nebenwirkungen oder Folgeschäden kam, wissen wir auch, denn inzwischen wurden weltweit mehrere Milliarden (!) Menschen damit geimpft. Ich selbst natürlich auch.
Alle Fachleute und seriösen Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass wir diese Pandemie nur in den Griff bekommen, wenn sich so viele Menschen wie möglich impfen lassen. Und in Ländern wie bspw. Israel, die sehr hohe Impfraten haben, wird auch genau dies bestätigt. Dort – wie auch bei uns – betreffen schwere Verläufe und Todesfälle überwiegend ungeimpfte Patienten.
Aus diesem Grund ist eine Entscheidung für oder gegen eine Corona-Impfung eben nicht nur eine rein individuelle und private, sondern betrifft die gesamte Gesellschaft: Wir müssen verhindern, dass unsere Krankenhäuser überlaufen. Die Pflegerinnen und Pfleger, Ärzte und Ärztinnen arbeiten bereits am Limit oder darüber hinaus. Und schon jetzt müssen andere, nicht lebensbedrohende (aber dennoch notwendige) Operationen und Behandlungen verschoben werden. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Einschränkungen haben viele Menschen in Existenznöte gebracht, nicht zuletzt im Kulturbereich, Gastronomie und Tourismus. Und unsere Infrastruktur (Schulen, Verkehr, Geschäfte, Polizei, Justiz, Feuerwehr etc.) würden bei weiteren Infektionswellen möglicherweise zusammenbrechen. Und da dennoch immer noch über 10 Millionen Menschen in Deutschland nicht geimpft sind, die es sein könnten – trotz wirksamer und sicherer Impfstoffe – glaube ich, dass eine Impfpflicht unumgänglich ist.
Natürlich kommt es jetzt aber auch auf die genauen Details der Umsetzung an, wie z.B. die operative Ausgestaltung, der Kontrolle und möglicher Sanktionen. An diesen wichtigen Details arbeiten wir gerade in Berlin. Auch ich bringe mich nach bestem Wissen und Gewissen in diese Diskussionen ein und jede/r einzelne von uns im Bundestag wird sich die Details dieses Gesetzes noch einmal genau anschauen, bevor er/sie eine endgültige Entscheidung über sein/ihr Abstimmungsverhalten trifft.
